Team Nord-Süd-Fahrt

Allgäu-Orient-Rallye 2016

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„Kulturschock“

Giresun – Batumi (Georgien), 350 km

An der Promenade mit Blick aufs Meer aufgewacht, nach einem gemeinsamen Frühstück mit Team 9 auf den Weg zur georgischen Grenze gemacht.

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Dazu fuhren wir immer weiter an der Schwarzmeerküste entlang. Das klingt ganz schön ist aber de facto eine Aneinanderreihung von Küstendörfern. Auch wenn die Straße gut ausgebaut war hielt sich das Fahrvergnügen doch sehr in Grenzen. Immer wieder wurde der Verkehr sehr dicht. Ampel und drastische Geschwindigkeitsbegrenzungen kamen hinzu. Unterwegs gönnten wir uns ein Eis in der Sonne.  An der Grenze gab es einen kleinen Stau, den wir aber bald überwunden hatten. Nach dem Stempel ging  es auf der georgischen Seite weiter. Der Kontrast war erstaunlich. Auf den Straßen wurde der Verkehr stressiger. Die Vegetation und die Bebauung änderten sich überraschend schnell. In der Stadt angekommen, in der sich unser Tagesziel befand, irrten wir eine Stunde durch den dichten Abendverkehr bevor wir durch viel fragen den Platz mit den anderen Autos fanden. Das unbebaute Stück Brachland lag inmitten eines schäbigen Viertels mit Plattenbauten und wirkte nicht so wirklich einladend. Dazu gab es weder Toiletten noch Duschen. So entschlossen wir uns schon ein Stück der morgigen Route zu fahren und außerhalb der Stadt nach einem Campingplatz zu suchen. Unterwegs hielten wir kurz an, um den günstigen Sprit zu Tanken. Sowohl Diesel als auch Benzin gibt es in Georgien in zwei bis drei Qualitätsklassen. Z.t. sogar noch mit Schwefel in der Suppe. Dank des Tagespaten konnten wir hier den guten Eurodiesel tanken, so dass unsere Autos nicht rauchen und stinken mussten (wie viele andere leider schon…). Nach der Tanke überfielen wir noch kurz einen kleinen Supermarkt, wo man praktischerweise mit Kreditkarte zahlen konnte. Wir kauften eine bunte Variation an Bier ein und stockten unser Vorräte für eine weitere Mahlzeit auf. Dann ging es weiter auf die Suche nach einem Schlafplatz.
In der Dämmerung sahen wir zufälig ein anderes Team hinter Bäumen versteckt am Ufer stehen. Wir gesellten uns dazu und erfuhren das wir neben dem riesigen Grundstück des georgischen Präsidenten campierten. Wahrscheinlich handelte es sich eher um eine Wochenend- oder Sommeresidenz. Auf jeden Fall war nur eine kleine Besetzung da. Das andere Team erzählte uns, dass ein Wachmann wohl die Augen zugedrückt hatte und wir so an dem schönen Plätzchen verweilenK1024_IMG_20160511_071142 konnten.K1024_IMG_6561  Leider fehlte wieder die Energie und die Zeit den Strand und das Meer zu genießen. Wir bauten schnell unsere Küche auf und fingen an zu kochen. Das Team mit dem wir uns den Platz teilten war über unsere Ankunft nicht sehr begeistert, da sie Sorge hatten, dass unser Konvoi aus sechs Autos die zugedrückten Augen der Wachen vielleicht doch wieder öffnen würden. So beschränkte sich unsere leise Kommunikation nur auf das Nötigste. Nach dem Essen räumten wir schnell auf und legten uns schlafen. In der Nacht wurden wir noch von einer Truppe betrunkener Fußballfans besucht die sich aber nicht lange bei uns aufhielten und singend weiter zum Strand zogen.

Design by Paul

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„Deutlich Offroad I“

Batumi – Tiflis, 358 km

Nachdem der Wecker uns sanft mit Meeresrauschen aus dem Schlaf geleitet hatte, gab es wieder einen herrlichen Ausblick aufs Meer. Leider ohne Sonne. Dafür aber im Grünen. Wir wollten gerade mit dem Frühstück beginnen, da fing es an zu regnen. So packten wir schnell zusammen und machten uns auf den Weg in der Hoffnung, unterwegs einen schönen Platz zu finden. Leider war uns das vorerst  verwehrt. Wir wurden von einem Hyundai Excel daran gehindert. Dieser kleine Wagen kam uns in einer Kurve entgegen. Da seine Reifen extrem abgefahren und sehr voll mit Luft waren verlor er auf nasser Straße die Kontrolle und das Heck brach aus. Der Wagen geriet auf unsere Fahrbahn und der Opel Frontera, der an der Spitze des Konvois fuhr, pflückte das kleine Auto mit seinem Kuhfänger von der Straße. Bei dem Ausweichmanöver bretterte der Frontera in den Straßengraben und beide Autos kamen zum Stehen. Verletzt wurde keiner. Wir sicherten die Unfallstelle und begutachteten den Schaden. Der 4×4 steckte fest, sonst waren aber keine weiteren Schäden zu erkennen. Beim Excel wurde die Stoßstange abgerissen und der Kühler leckte auf die Straße. Die gesamte Front sah sehr kaputt aus. Per Zufall kam ein ziviles Polizeiauto vorbei. Die Beamten klärten die Situation und riefen eine normale Verkehrsstreife dazu. Die nahm den Unfall sehr präzise auf. Die Fahrer wurden auf Alkohol getestet, eine Unfallskizze wurde erstellt. Der Unfallort wurde gefilmt und mit einem Maßband ausgemessen. Während die Polizei Gaffer wütend wegschickte winkten wir vorbeifahrende Rallyeteams durch, die helfen wollten. Die Beamten organisierten sogar eine junge Frau, die in Schlangenbad bei Wiesbaden als Au Pair gearbeitet hatte und als Übersetzerin fungierte. Die Polizisten waren sehr freundlich und kompetent. Nachdem der Vorgang protokolliert war, durften wir den Karren aus dem Dreck ziehen, was mithilfe des zweiten Opel und zwei Abschleppseilen möglich wurde. Bei einer Testfahrt bemerkten wir eine verbogene Spurstange und einen Achter in der Felge. Der Reifen wurde gewechselt. Die Spur blieb, wie sie war. Nachdem alles abgewickelt war, wurden wir gefragt,  ob wir noch Geld zur Reparatur vom Unfallgegner verlangen würden. Tobi, der Frontera-Fahrer, verneinte. Der Unfallgegner habe schon genug Schaden erlitten. Der Hyundai-Fahrer wurde mit einer Geldstraße von 200 lokalen Kröten belegt und blieb auf seinem Schaden sitzen.

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Wir setzten unsere Tour nach überstandenen Schock fort. Mittagessen kochten wir durch eine alte Sowjet-Tankstelle vor der Witterung geschützt irgendwo im Nirgendwo an einem riesigen alten Bahnhof, der uns auch noch als Kulisse für Fahrzeugfotos dienen sollte. Während wir im Anschluss gen Tiflis weiterrollten, lies Team 9 dieses Etappenziel aus um nach dem Unfallstress ein bisschen auszuruhen.

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Und dann kam es, wie es ja irgendwann mal kommen musste. Der vermeintlich richtige Weg führte uns immer weiter auf weicheren und durchnässten Boden, nachdem der Himmel zuvor alle Schleusen geöffnet hatte. Nach anfänglichen Erfolgen was das Freikommen aus eigener Kraft angeht steckte im  Verlauf jedes Auto einmal im Schlamm der georgischen Hochebene. In diesem Kontext ein großes Dankeschön an das geile Team mit den Audi Quattro, die zusammen mit unserem Spanngurt und am Ende einem georgischen Mitsubishi Pajero mit riesigen Reifen alle freischleppten.

Wieder frei

Wieder frei

An einem Aussichtspunkt erholten wir uns dann kurz von den Strapazen der letzten zwei Stunden mit Ausblick auf die wunderschöne georgische Landschaft, bevor es dem in außerirdischen Farben leuchtenden Abendhimmel entgegen ging. Epische Musik war in allen Autos obligat.

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Der Abendverkehr in Tiflis war dann unerwartet entspannt, sodass das Ziel am Olympiastadion mit Hilfe diverser Tankwarte, eines Taxifahrers und eines anderen Teams recht schnell und problemlos gefunden wurde. Die anschließende Taxifahrt zurück ins Zentrum war ein einschneidendes Erlebnis. Zumal das W124-Taxi bei weitem nicht so gut in Schuss war wie unsere Benzer. Zu Abend gegessen haben wir dann in einem merkwürdigen Restaurant mit nahezu unverständlicher Kellnerin, Neonlicht, holzvertäfelten Wänden und einer schäbigen Disco untendrunter. Obwohl wir die Karte nicht wirklich verstanden, kamen doch recht gute und essbare Sachen auf den Tisch. Wie müde wir nach der Taxifahrt zurück ins Camp um halb eins waren, könnt Ihr euch vorstellen.

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„Entspannung zwischen dem Offroad-Wahnsinn“

Tiflis – Cildir Gölü – 290 km

Der Tag nach der Einfahrt in Tiflis. Wir erwachten neben einem Stadion, nach mehr Stunden Schlaf als gewohnt. Was angesichts des zurückliegenden Abends mit fremdem Essen, Alkohol  zur Verarbeitung der ersten richtigen Offroad-Strecke und wilder Taxifahrten aber auch wirklich notwendig war. Nach einem kleinen Frühstück und viel Kaffee klangen die Motoren wieder in unseren Ohren. Die Fahrt führte uns zunächst durch die Straßen von Tiflis, die sowohl größere Alleen als auch kleinere Gassen beinhalteten, diese meist mit „schäbig-schönem“ Charakter, wie unser Paul es treffend formulierte.

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Schon bald nachdem wir die Stadt verlassen hatten, fanden wir eine nette kleine Wasserquelle, an der wir nicht nur unsere Kanister auffüllen, sondern auch mal mit ganz anderem Panorama, nämlich mit Blick auf wunderschöne Berge, unsere Haare waschen konnten.

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Ein paar Kilometer weiter wartete eine unglaublich faszinierende Landschaft auf uns. Der Herr der Ringe, der Hobbit, der Schuh des Manitu- sucht es euch aus, alles hätte als Filmkulisse gepasst. In dem ein oder anderen Wagen war somit auch direkt die entsprechende Filmmusik am Start. Immer wieder durchquerten wir kleinere Dörfer, die für uns ein so unfassbar anderes Leben darstellten, weit weg von allem was wir für selbstverständlich erachten. Am Rande einer Schnellstraße pausierten wir ein wenig, unsere Motorhauben wissen mittlerweile genau was sie erwartet: Kaffee, Nutella, Marmelade, Kekse und die neue Leibspeise des Teams, ganz viel EKMEK (türkisches Brot), was zum geflügelten Wort unserer Funksprüche und Suchtmittel geworden ist. Es kann nie genug EKMEK geben!

Mehr EKMEK

Mehr EKMEK

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Die Straße leitete uns weiter bis zur georgisch-türkischen Grenze, die wie bei James Bond als moderner Gebäudekomplex mitten innerhalb einer völlig verlassenen Landschaft heraus stach. Willkommen zurück in der Türkei! Nach nur zwei Tagen in Georgien, fühlte sich das Ankommen in der Türkei schon beinahe vertraut an.

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Von hier aus düsten wir direkt in Richtung des Cildir Sees. Nach einigen Kurven und selbstverständlich der passenden Musik dazu, lag es vor uns, das Fahrerlager am See. Felix T. und unser neuer Freund Steffen aus Team 9 bewiesen ein zweites Mal ihre Männlichkeit und stürzten sich trotz des Windes hinein in das kalte Wasser. Respekt! Es folgte ein geniales Nudelgericht von unserem Meisterkoch, als aber die Teller geleert waren, pfiff der Wind so stark, dass es niemand mehr lange draußen aushielt. Wir flüchteten in Zelte und Autos, einige von uns wärmten sich noch mit Wasserpfeife und schliefen schließlich ein…

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„Deutlich Offroad II“

Cildir Gölü -Kardahan-Dogubayasit, 382 km

An so einem Bergsee aufzuwachen ist schon eine geile Sache, auch wenn der Wind am Abend vorher so kalt war, dass gegen halb zehn alle in ihren Autos verschwunden waren. Außerdem sind neuneinhalb Stunden Schlaf auch mal ganz cool. Das Wetter war allerdings wieder recht bescheiden, sodass das Frühstück vom See an einen noch zu findenden Ort verlegt wurde. Nächstes Ziel war eine Schule in Kardahan, dem Geburtsort eines Mitglieds des Organisationskomitees, die seit Jahren von der AOR unterstützt wird. An sich ein sehr schöner Termin, bei dem es galt, einen Teil der von Scout gesponserten Schulranzen zu übergeben. Was dem ganzen Team jedoch sauer aufstieß war das ziemlich anwidernde Gepose mancher anderer weltverbessernder Rallyeteilnehmer mit den Schulkindern. Es erinnerte an einen Zoobesuch und war zum Teil so ekelhaft gestellt. Robertah beschränkte sich dann lieber auf das Verteilen von Gummibärchen, was gemäß dem Werbespruch von Haribo in allen Altersgruppen ziemlich gut ankam. Sie und Felix T. gingen dann abseits von dem Rummel nochmal alleine in die Klassen, was uns deutlich authentischer vorkam.

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Die zwei kalten Döner vom Vorabend durch sechs geteilt gabs zum „Frühstück“ bevor wir in Richtung Dogubayasit aufbrachen. Wir sollten uns noch wünschen, morgens was Anständiges gegessen zu haben. Der erste Sackgassen-Feldweg endete abrupt an den Folgen eines Erdrutschs. Also gewendet und zurück. Kein Problem.

End of the road

End of the road

Vielleicht hätten wir die nächste Teamentscheidung anders treffen sollen. Der Hinweg über den sehr lehmigen Feldweg machte manchen noch recht viel Spaß, als wir auch hier nach ca. fünf Kilometern die Sackgasse feststellten. Leider hatte es zwischenzeitlich wieder mal geregnet, was zu folgender Gleichung führte:

3x W124 mit Heckantrieb + Regen + lehmiger Feldweg = nicht so gut

2x Frontera von Team 9 + 2x Abschleppseil + georgische Treckerfahrer = raus aus dem Schlamm

Da fuhren sie noch

Da fuhren sie noch

An sich ungeil, die Trittbrettfahrten von Felix T. am Frontera zwischen den festgefahrenen Havaristen machten zumindest ihm dafür richtig Spaß. Auf der anschließenden Schotterpiste ging es dann ans Ausräumen der Radkästen und Befreien der Bremsleitungen, was fast ausschließlich mit bloßen Händen möglich war. Bei Regen, Dreck, fehlendem Frühstück und der Gewissheit, durch diese Aktion keinen Meter auf der Strecke zurückgelegt zu haben war die Stimmung erstmals kurz vor dem Kippen. Interessanterweise war das Thema aber nach dem Döner in der nächstgrößeren Stadt Kars erledigt. Lediglich die Unwuchten der Räder und die dadurch verursachten Vibrationen im Innenraum erinnerten uns unablässig an diese Episode. Mit dem Näherrücken der iranischen Grenze und der zunehmenden Nähe zum Berg Ararat nahm auch die Militärpräsenz zu. Während auf dem Weg nach Dogubayasit der ein oder andere Radpanzer am Straßenrand auffiel, mussten wir am Ortseingang einen aus MG’s und Sandsäcken bestehenden Checkpoint passieren, was schon ein bisschen beängstigend war. Die freundlich grüßenden Soldaten machten das allerdings wieder wett. Am Campingplatz unterhalb eines alten Palastes kamen wir dank unserer Offroadspielchen wieder erst im Dunkeln an. Nach lecker Süppchen und ein paar Efes gings dann ab in den Fond.

 

Strecke machen, Strecke machen, Strecke machen!

 Dogubayazit-(Erzurum)-Erzinkan, 484 km

Aufstehen bei einem sehr angenehmen Klima: Nicht zu kalt, aber auch nicht so warm, dass man in seinem Schlafsack eingeht. Nachdem wir am vorherigen Tag einen türkischen Acker durchpflügt hatten, mussten wir alle Reifen abmontieren und den letzten Schlamm entfernen. 200-300 Gramm getrockneter Schlamm pro Vorderrad sorgt dann doch für eine gewisse Unwucht.

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Radwechsel vor dem Frühstück

Während die einen also damit beschäftigt waren alle Reifen zu säubern und Robertah in die hohe Kunst des Radwechsels einzuführen, bauten die anderen das Lager ab und kümmerten sich ums Frühstück.

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Nachdem all das erledigt war, ging es weiter den Berg hinauf zu einem alten Pascha-Palast. Neben ein bisschen Sightseeing erfüllten wir hier wieder eine der Rallye-Aufgaben und fotografierten uns in einem Schwimmbecken im Harem (Teil des Palastes, nicht das, was Ihr jetzt wieder denkt 😉 )

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Danach ging es wieder on the road. Heute waren ein ganz paar Kilometer zurückzulegen, die erste von zwei echt langen Etappen. Die einzige echte Pause legten wir an einer Go-Tankstelle ein, um a) zu tanken und b) mal über deren WLAN wieder ein paar Blogeinträge ins worldwideweb zu schicken. Das gestaltet sich bei der geringen Dichte an funktionierenden Netzwerken in der Türkei leider nicht so leicht. Jedenfalls saßen wir dann irgendwann alle beim Chef im Büro um unseren Computer, es gab wie so oft Tee und Unterhaltungen via Google Translation. Nachdem jeder von uns ein Tankstellen-Handtuch bekommen hatte und das gemeinsame Foto im Kasten war, ging es weiter. Wieder durch wunderschöne Landschaften mit erstaunlich hoher Militärpräsenz.

Tankstellen-Homies

Tankstellen-Homies

Ziel war dann ein türkisches Naherholungsgebiet mit See, GoKart-Bahn und vielen, vielen Grillplätzen, von denen einer sogleich okkupiert wurde. Das Wasser im Thermalbecken war leider viel zu dreckig, um unserer verwöhnten Haut zu genügen, weshalb wir dieses Angebot nicht wahrnahmen. Also lieber ab an den Grill und rätseln, ob diese ungewöhnlich großen Knochen tatsächlich vom gemeinen Huhn stammen. Egal. Ab ins Autobett.

 

 

MEDIAGAR

Erzincan – Ürgüp, 595 Kilometer

Guten Morgen Sonnenschein!

Guten Morgen Sonnenschein!

Der Morgen beginnt im Fahrerlager innerhalb eines Vergnügungsparks. Wir frühstücken in kleinen Holzhütten, Beeren- und Schokomüsli. Das Wetter ist vielversprechend, in naher Ferne bietet ein Gebirge das passende Frühstückspanorama. Nach kurzer Verdauung schwingen wir uns in die Autos. Nächster Halt: Der zweite Schulbesuch während unserer Fahrt. Die letzten paar Meter vor Dorfeinfahrt halten unsere Wagen ganz schön auf Trapp- der einzige Weg hier den Schlaglöchern auszuweichen, wäre wohl zu fliegen. Also so ziemlich das Einzige, was unsere Mercedese nicht können. Endlich angekommen, schultern wir den Scout Rucksack, der gefüllt mit Blöcken, Stiften und HARIBO hier abgegeben werden soll. Auch ein Brief mit hinzugefügter Adresse steckt drin, möglicherweise der Beginn einer Brieffreundschaft. Zunächst ist alles etwas chaotisch und leider können wir den Rucksack nicht direkt an ein Schulkind übergeben. Aber wir werden sehr schnell dafür entlohnt. Da wir damals in Tiflis zu spät ankamen um unsere dritte und letzte Rose in den gemeinsamen Rosengarten einzupflanzen, wird diese nun auf einem Rasenstück nahe des Schuleingangs gepflanzt. Irgendwie irre. Es ist noch gar nicht lange her, dass wir die Rosen auf dem Bonner Marktplatz entgegen genommen haben. Jetzt steht eine davon an einer Schule mitten in der Türkei und wird hoffentlich für viele Generationen von Schulkindern blühen. Wenn das nicht mindestens so ein schönes Zeichen ist wie ein gemeinsamer Friedensgarten…

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Bob der Meister

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Conqueror

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Nachdem wir unseren Vorrat an HARIBO an dieser Schule endgültig platt gemacht und die Reifen einige weitere Kilometer hinter sich gebracht haben, halten wir zum Mittagessen in einem kleinen Städtchen. Anstatt eines Mittagessens erhalten wir jedoch ein Festmahl. Köfte (Hackfleisch) mit einem Berg an Salat, Gemüse und Brot. Und wenn der Brotkorb in der Türkei geleert ist, dann muss nicht mit beschämtem Blick nach mehr gefragt werden. Es wird einfach wie selbstverständlich die doppelte Menge an Brot wieder aufgefüllt. Herrlich!

Am Abend erreichen wir unser Tagesziel Ürgüp, das Fahrerlager befindet sich zwischen Supermarkt und Hotel. Dieses wird dann auch von Daniel und Julian nach einigem Zögern beschlagnahmt. Richtig so! Man muss sich auch während einer Rallye was gönnen!

Unser Felix T. erlebt an diesem Abend noch sein persönliches Reisehighlight. Er stattet der örtlichen Feuerwehr einen Besuch ab und bekommt dabei nicht nur einen Blick in die Feuerwehrwagen, sondern sogar die Arbeitskleidung eines Feuerwehrmannes, der den Sinn der Rallye absolut verstanden hat und kurzerhand sein Arbeitsshirt auszieht und es dem vor Begeisterung platzenden und den restlichen Abend nicht mehr ruhig zu stellenden Felix T. übergibt. In diesem Sinne, gute Träume, Felix T.!

Hasan von der Feuerwehr Ürgüp und Felix

Hasan von der Feuerwehr Ürgüp und Felix

Doch was ist das? Als das Fahrerlager sich langsam schlafen legt, schleichen plötzlich drei Gestalten um den Kamerawagen des OK, das „Mediacar“, herum. Als sie sich wieder entfernen, ist auf dem Wagen unserer Organisatoren das Wort „MediaGar“ zu lesen. GAR, das ist unser durch Julian geprägtes, neues geflügeltes Wort für einen Zustand, den jeder von uns nach vielen Stunden Autofahrt erreicht hat. Paul, Julian und Felix schleichen sich feixend davon…

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GAR

 

 

„Salzig oder süß?“

Ürgüp – Sereflikocisar, 197 km

Spätes Aufstehen um acht, Frühstück auf dem Supermarktparkplatz, Duschen im Hotelzimmer von Daniel und Julian. So kann der Tag anfangen. Nachdem Britta aus Team 9, Robertah und Felix T. am Vorabend schon mal das Städtchen zu Fuß erkundet hatten stand fest: Hier müssen wir noch ein bisschen länger verweilen. In dieser Region gab es vor über 4000 Jahren Christen, die auf der Flucht waren und hier IM weichen Vulkangestein Zuflucht gefunden haben. Und zwar hat man kurzerhand angefangen, Gänge, Räume und Kirchen in das Gestein zu hauen, die von außen maximal zu erahnen waren. Tatsächlich haben hier bis vor ca. 70 Jahren Menschen gewohnt. Heute ist zwar alles ein bisschen zerfallen, früher aber glich diese Siedlung allein durch die Bauart der Höhlen einer uneinnehmbaren Festung, indem man die Eingänge einfach winzig klein gehalten hat. Das mussten wir uns natürlich angucken und nahmen uns zusammen mit einem Schweizer Team einen Führer, was sich auch wirklich gelohnt hat.

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Auf dem Weg zum Etappenziel gaben wir in einer TÜV TÜRK-Filiale noch die Postkarte ab, die wir als weitere Rallyeaufgabe an ein Schulkind schreiben und dort übergeben mussten. Wir wurden so herzlich empfangen, dass sich auch diese vermeintlich schnell zu erledigende Aufgabe auf eine gute halbe Stunde ausdehnte.

Robertah mit TÜV TÜRK-Mitarbeitern

Robertah mit TÜV TÜRK-Mitarbeitern

Mittlerweile ist es hier richtig warm, die Ventilatoren für den Zigarettenanzünder laufen auf Hochtouren. Die fehlende Klimaanlage schmerzt auch immer mehr. Wenigstens war die Etappe heute nicht so lang und wir hatten tatsächlich ein bisschen Zeit für das oben beschriebene Sightseeing. Sonst waren heute noch ein paar organisatorische Dinge zu erledigen. Morgen müssen wir unseren Aufgabenkatalog, das Roadbook, abgeben. Dazu mussten wir noch ein paar Fotos ausdrucken lassen, was wir mit drei lustigen türkischen Fotografen taten. Auf dem Rückweg zu den Autos wurden dann noch Pide in rauen Mengen aufgenommen, die anschließend in einer Seitenstraße versnackt wurden.

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Fata Morgana über dem Salzsee

Fata Morgana über dem Salzsee

Die Fahrt danach war nicht mehr allzu lang und brachte uns den vermeintlichen Fata Morganas über dem Salzsee näher. Nach einem ausgedehnten Spaziergang im Sonnenuntergang mit eigenmächtiger Verköstigung des vorhandenen Salzes, ging es nach einer kleinen Fotosession auf das Abendessen zu. Tatsächlich campten wir dann am Ufer des Salzsees auf dem Gelände des örtlichen Salzfabrikanten bei Salat, Wein, Bier, Cola, Mondschein und Team 9.K1024_IMG_7389

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Nach reichlich Bier, Wein und Polnischen DJ’s gab es Experimente mit Knicklichtern…

 

Ende der Nord-Süd-Fahrt

Usak – Dalyan

Der Morgen verlief entspannt. Nachdem das VK den gemeinsamen Abfahrtermin weit nach hinten verschob, blieb uns genug Zeit zum Frühstücken und entspannt unseren Krempel zusammen zu packen. Während den ersten Tagen der Rallye war ich mir ziemlich sicher, dass sich dieser Vorgang immer weiter beschleunigen würde. Aber tatsächlich brauchen wir fürs Aufstehen, Frühstücken und Zusammenpacken immer noch 1 bis 2h.
Nach der letzten von Polizei geleiteten Konvoi- Erfahrungen war ich sehr skeptisch, dass es heute besser klappen würde. Doch die Polizei von Usak belehrte mich eines Besseren. Fast alle Kreuzungen und Ampeln wurden für uns frei gehalten und so zerpflückte sich die lange Blechschlange nicht bei der nächsten Ampel. Wir wurden bis zu einem vollen Platz gebracht. Dort sollten wir warten. Auf dem Platz fand eine Art politische Feier statt. Nachdem diese zu Ende war, gab es einen symbolischen Start mit jubelnder Menge und geschwenkten Fahnen. Da wir wiederholt Altglaskontainer und Elektroroller entdeckten, kam ich zu dem Schluss, dass es sich um eine sehr kompetente Stadt handeln musste. Nachdem wir die Stadt verlassen hatten, begann ziemlich schnell eine weitere Chinesenrallye. Diese kam nicht ganz an die vom Vortag ran, war aber trotzdem unterhaltsam zu fahren. Die Strecke führte uns über staubige Feldwege und steile Serpentinen. Wir durchquerten zwei Flüsschen und verschiedene Dörfer. Die dortigen Bewohner erwarteten uns und standen am Straßenrand. Immer wieder bekamen wir kleine Früchte angeboten. Eine Mischung aus kleinem Apfel und Pflaume. Vielleicht eine Mirabellen Art.
Kurz vor Ende der Bilderstrecke hielten wir für eine Kaffeepause an einem Platz mit herrlicher Aussicht. Nach der Chinesenrallye berechneten wir unsere restliche Strecke und kamen zu der Einsicht, dass wir mit der kleinen Notreserve im Tank nicht bis ins Ziel rollen konnten. Also kippten wir nochmal zwanzig Liter Motorin in die Tanks. Außer bei Wagen Zwei, für den gab es nur 15L., da Paul die türkische Zahl 15 kannte, aber nicht die für 20. Auf dem Weg zur Zielgeraden hielten wir bei einem auffällig schön gestalteten Rastplatz und füllten dort unsere Wasserkanister. Danach fuhren wir eine Abkürzung die wahnsinnig Spaß machte und oben drein auch noch wunderschön aussah. Die letzten Kilometer fetzten wir über eine ganz neue Schnellstraße und wurden irgendwann von einem Polizisten abgewunken. Wir folgten einer kleinen Straße durch verschiedene kleine Dörfer und kamen letztendlich in Dalyan an. Einer zu 100% touristisch erschlossenen Stadt. Der Beschilderung folgend erlangten wir das nun sehr  unwirklich wirkende Plakat mit der Aufschrift „Finish“. Dann bogen wir auf einen staubigen Platz dahinter ab und machten dir Motoren aus.

 

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„Platz 9-11“

Heute Morgen wurden wir von Sonne und Wärme auf unserem Lager am Fluss geweckt. Dunkle Autos haben auch ihre Nachteile. Mit allen Teams die am Vortag ins Ziel gefahren waren, fuhren wir in einem vom örtlichen Ordnungsamt äußerst gut organisierten und durchgeführten Konvoi an einen Aussichtspunkt oberhalb der Stadt Dalyan. Auf einmal war es unglaublich warm. Leider waren die Wenigsten davon ausgegangen, nach dem Zieleinlauf noch an gemeinsamen Events teilzunehmen, was zur Folge hatte, dass bei einigen Teams die Kraftstoffreservelampen immer nervöser wurden, weil natürlich keiner mehr eine Tankstelle besucht hatte. Und auch bei einigen Rallyefahrern selbst leuchteten die Reservelampen. Irgendwie war die Rallye vorbei, aber auf der anderen Seite fuhren wir weiter. Ein seltsames Gefühl der Schwebe. Nichtsdestotrotz kamen wir noch an der nächsten Tanke an, auch wenn der Andrang hier entsprechend groß war.

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Weiter ging es den Wegweisern in Form von Schildern oder Polizisten folgend zu einer Orangenplantage, wo die ein für alle Mal letzte Rallyeaufgabe zu bewältigen war. In fünf Minuten waren so viele Orangen wie möglich zu pflücken.  Wir schafften 157. Wie das Gewinnerteam es geschafft hat, über 1300 Orangen zu pflücken, weiß niemand. Während ich diesen Blogeintrag schreibe, sitzen Felix L., Paul und Julian nebenan auf der Bank und pressen alles zu Saft.

Von der Plantage führten uns noch mehr Schilder in eine Bucht bei Dalaman und damit erstmals ans Mittelmeer. Am Strand begab sich der ein oder andere ins Wasser, während es sich der Rest im Schatten bequem machte. Da verweilten wir dann auch ziemlich lange. Vielleicht ist so mancher erschöpfter Rallyefahrer auch eingeschlafen. Also könnte zumindest sein. Jedenfalls hat Paul dann noch unter dem Olivenbaum einmal mehr für das leibliche Wohl gesorgt.

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Als wir irgendwann ganz schön gar waren und die Siegerehrung näher rückte,  traten wir den Rückweg an. Mit Team 9 machten wir uns auf den Weg dorthin. Das leibhaftige Kamel vor Augen, wurden unserem Team die Medaillen für Platz vier verliehen. Genau wie allen anderen Teams, die nicht auf den Plätzen 1-3 gelandet waren. Gemäß der Reihenfolge der Verleihung gehen wir aber davon aus, auf den Plätzen 9-11 gelandet zu sein. Hierüber herrschen im Team kleine Unstimmigkeiten, weil unterschiedlich mitgezählt wurde. Robertah wurde gemäß ihrer Rolle als Frau sogar noch für die vorbildliche Führung des Roadbooks gelobt. Diese Lobesrede muss jedoch ganz klar an Felix T. weitergegeben werden, der das Roadbook mit so viel Liebe gestaltet hatte, wie sicher keine andere Frau aus irgendeinem Team.

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Sieger wurde ausgerechnet das Team „No Camel No Cry“ aus der Schweiz, die den bisher namenlosen Paarhufer sogar dorthin exportieren wollen.

Unser Beinahe-Sieg wurde in einem Restaurant am Fluss mit vorzüglichem türkischen Rotwein und Fanta Lemon begossen.  Wie es sich für ein Siegesessen gehört, ließen wir es noch mal so richtig knallen- finanziell und alkoholisch.

Im Übrigen haben wir an diesem Tag auch den GPS-Tracker zurückgegeben, hier wird es also keine Neuigkeiten mehr geben. Macht aber nichts, es ist ohnehin geplant, auf unserem sehr coolen Campingplatz zu entspannen.

Äußerst zufrieden mit der Gesamtsituation und der Aussicht auf noch zwei tiefenentspannte Tage, fielen wir alle irgendwann ins Bett, zwei im Auto, zwei im Zelt und zwei in einer Hütte auf dem Campingplatz.

Es ist tatsächlich vollbracht. Wovon träumt der Rallyefahrer heute Nacht…?

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Erstaunlich weit vorne

Kurzes Update. Wir haben Platz 11 oder 9 erreicht so genau wissen wir das nicht. Wir haben das Kamel gesehen und Robertah hat es sogar gestreichelt. Wir haben uns in dem einzigen und ziemlich schönen Camping Platz in Dalyan einquartiert und genießen jetzt zwei entspannte Tage. Gestern nach der Siegerehrung wahren wir sehr gut Essen und genießen zurzeit ein reichhaltiges, opulentes Frühstück. Bei 23°C überlegen wir uns wie wir den Tag bestreiten werden.

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